Torsten Krug /// Regisseur / Sänger / Autor

Stones


Jugendstück von Tom Lycos und Stefo Nantsou

Regie: Torsten Krug
Bühne und Kostüme: Nanni Marotzke
Dramaturgie: Saskia Leistner

Thüringer Landestheater Rudolstadt
Januar 2007

Mit:
Alexander Darkow (Diesel)
Gregor Wolf (Flo)
Torsten Krug inszeniert das mit zwei hochbegabten Schauspielschul-absolventen so präzise und schonungslos, daß es an die eigene Aggression und Hilflosigkeit rührt.

Volker Hagedorn, DIE ZEIT
Es ist der pure Übermut. Anfangs. Verwegen und ungestüm toben Flo und Diesel, 12 und 15 Jahre alt, durch ihre kleine Welt, rütteln an Schranken. Verschlossen die Garagentür, unerreichbar das Objekt der Begierde: ein Mercedesstern als Trophäe. Wohin mit der gärenden Energie, die Lust auf Unerprobtes? Diesen draufgängerischen Wagemut zwischen Tatendurst und Katastrophe trifft der junge Regisseur Torsten Krug mit den nur wenig jüngeren Schauspielern Gregor Wolf (Flo) und Alexander Darkow (Diesel) genau mit einem faszinierenden Schwebezustand, der Alltagsbanalität in den kreisenden Sog eines Albtraums treibt. Was als Spiel begann, endet im Entsetzen. Steine auf vorbeifahrende Autos treffen einen Menschen tödlich … Dann stehen die beiden, Kinder noch und beladen von Schuld, vor einer Konsequenz, auf die die beiden Schauspieler in den Rollen ihrer polizeilichen Gegenspieler nach einer Antwort suchen. Fast aus dem Nichts - nur zwei graue Röhrenteile, eine metallene Leiter - hat Andrea Marotzke eine Spielfläche gebaut, auf der sich aus musikalisch-rhythmischer Grundbewegung heraus der rotierende Wechsel von Kraftmeierei und Coolness entwickelt. Da gelingt Regisseur und Darstellern – Gregor Wolf nach "Boxerherz" jetzt spielerisch gelöst, Alexander Darkow noch ein wenig angespannt – ein Spiel hart an der Grenze zwischen Leichtsinn und Verbrechen. Und nur eine winzige Geste am Schluss deutet auf entgegengesetzte Wege der beiden Jungen in der Zukunft.

Erika Stephan, Thüringer Allgemeine
Im Stundentakt prasseln "Das Strafgericht", "Das Familiengericht" und "das Jugendgericht" bei RTL auf den Zuschauer ein. Kein Fall, der nicht schon in einer TV-Gerichtsshow ver(sc)handelt wurde. Was soll da noch ein Jugendstück wie "Stones", das am Donnerstag in der Inszenierung von Torsten Krug im Rudolstädter Theater Premiere hatte? Die Antwort gibt das zumeist jugendliche Publikum am Ende der Vorstellung selbst, betroffen dreinblickend, artig Beifall spendend und draußen in der Kälte heftig diskutierend. Flo (13) und Diesel (15) verbringen ihre Zeit mit Dingen, die Jungen in diesem Alter auf der ganzen Welt tun: Grenzen austesten, Mut proben. Zur Musik von Nirvana (das hören die Teenies jetzt echt wieder!) klettern sie im Lagerhaus umher, nennen sich liebevoll Scheißidiotenarschgesicht", lesen Steine aus einem Bach. Die werfen sie - was für ein Gaudi!- von einer Autobahnbrücke. Der letzte Stein trifft einen Fahrer tödlich. Die Kinder laufen davon, rufen nach der Mama. Polizeiverhöre und Gerichtsverhandlungen folgen. Gregor Wolf (Flo/Quandt) und Alexander Darkow (Diesel/Rottner) spielen sowohl die Jungen als auch die vernehmenden Polizisten. Nur eine Mütze auf dem Kopf oder ein Schlips unter der Jacke machen die Verwandlung äußerlich deutlich. Um so intensiver ist das Spiel der beiden, der unsichere Flo gibt den verständnisvollen Polizisten, der fiese Diesel den harten Bullen. Das Duo agiert in spartanischer Kulisse (Ausstattung Andrea Marotzke) aus zwei rechteckigen Hohlkörpern und einer Leiter, jegliche Requisiten werden nur pantomimisch angedeutet. Alles in diesem Stück konzentriert sich so auf die Frage Dummer-Jungen-Streich oder Mord, schuldig oder nicht schuldig, in die das gespaltene Publikum offensiv mit einbezogen wird. Am Ende steht der freigesprochene Flo noch einmal auf der Autobahnbrücke. Er hat seine Lektion gelernt, das Publikum auch. Keine Gerichtsshow hatte je so viel Tiefgang.

Ostthüringer Zeitung
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