Torsten Krug /// Regisseur / Sänger / Autor

Maria Stuart


Trauerspiel von Friedrich Schiller

Regie: Torsten Krug
Bühne und Kostüme: Saskia Gorecki
Dramaturgie: Sivia Giese

Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz
Februar 2010

Mit:
Maria Richter (Elisabeth, Königin von England)
Julia Gorr (Maria Stuart, Königin von Schottland)
Tim Osten (Robert Dudley, Graf von Leicester)
Gerd Schlott (Georg Talbot, Graf von Shrewsbury)
Thomas Tucht (Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh)
Daniel Koch (Wilhelm Davison, Staatssekretär)
Udo Prucha (Amias Paulet, Ritter, Hüter der Maria)
Sven Zinkan (Mortimer, sein Neffe)
Nenad Zanic (Graf Aubespine, französischer Gesandter / Okelly, Mortimers Freund)
Gabriele Kümmerlin (Hanna Kennedy, Marias Amme)
Renja-Arlene Dietze / Pascal Buschmann (ein Page / Graf von Kent)
Parabel auf den modernen Politzirkus

Viel Beifall für Schillers Trauerspiel "Maria Stuart" am Theater Annaberg-Buchholz – Fokus liegt auf der Figur der englischen Königin 

Maria wirft sich auf den Boden, um Gnade bittend. Da ist sie ganz oben auf der Treppe, die das Podium für den berühmten Schlagabtausch der englischen und schottischen Königin darstellt. Elisabeth steht in diesem Moment unter ihr. Doch die Positionen der beiden Rivalinnen wechseln immer wieder, so wie jede in diesem gnadenlosen Wort-Duell mal triumphiert, mal unterliegt. Das ist ein spannendes Spiel, die stärkste Szene des Abends.
"Maria Stuart" hatte am Sonntagabend im Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz Premiere. Und schon die Optik (Ausstattung Saskia Vollmer) legte nahe, Regisseur Torsten Krug erfüllt mit seiner Inszenierung nicht allein einen Bildungsauftrag, vielmehr macht er Schillers Klassiker zu einer Parabel auf den modernen Politzirkus. Scheinheilige Strippenzieher, schmierige Hofschranzen, intrigante Karrieristen – die Truppe im Rücken der mächtigsten Frau Englands ist so widerlich eigennützig, wie die Herrscherin in ihrem Tiefsten zerrissen ist. Und genau dieser innere Widerstreit und die Frage, was macht Macht mit dem Menschen, stehen deutlicher im Fokus des Regisseurs als Marias Schicksal.
Da ist eine Frau, die das Richtige für ihr Land tun will, ihre Herrschaft sichern muss, sich in einer Männerwelt zu behaupten versucht - der Erfolgsdruck, unter dem Elisabeth steht, ist immens. Maria Richter schwingt eine Gerte, mit der sie ihre Untergebenen ebenso straft, streichelt wie auf Distanz hält. Nur in ganz wenigen Augenblicken, wenn sie ihre Perücke abnimmt, kann sie ganz sie selbst sein. Verletzlichkeit und Ratlosigkeit scheinen da auf, doch diese Momente sind rar und kurz. Den Schein von Stärke darf sie nach außen nicht verlieren, sonst ist sie selbst verloren. Sehr intensiv bringt Maria Richter diesen Zwiespalt auf die Bühne, die kaum auszuhaltenden Zwänge, die ihr Entscheidungen als Herrscherin abverlangen, die sie als Mensch so nicht treffen möchte. Die Qual, Marias Todesurteil zu unterschreiben und sich damit Schuld aufzuladen, wird beinahe körperlich spürbar.
Elisabeth ist die eigentlich interessante Figur der Inszenierung, bei Maria Richter sehr präsent, mit zu viel Geschrei aber leider auch zu einseitig, weil sie nur wenige Nuancen bietet. Julia Gorr bleibt in dem Stück der blassere Part. Dass sie am Ende das auf falschen Berichten ihrer Gegner - die umstürzlerische Absichten unterstellen - basierende Fehlurteil annimmt, ruhend in ihrem katholischen Glauben, bleibt eine Behauptung des Textes. Als Zuschauer nimmt man daran kaum Anteil. Sven Zinkan überzeugt als leidenschaftlicher Mortimer, der die Sache Marias entschlossen vertritt, ebenso Udo Prucha als lauterer Hüter der gefangenen schottischen Königin. Tim Osten (Graf von Leicester) und Thomas Tucht (Baron von Burleigh) verkörpern rattenhaft-hintertriebene Ehrgeizlinge, die mit ihren Ränken aus dem Hintergrund die Damen vor sich hertreiben. Allein Daniel Koch erspielt seinem Staatssekretär Davison, dem Elisabeth ohne konkrete Anweisung Marias Todesurteil in die Hand drückt, glaubhafte Skrupel. Es gab viel Beifall und Bravos von den Premierengästen.

Uta Trinks, Chemnitzer Freie Presse
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